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![]() Romanze in Moll:
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Nach diesem Intermezzo kehrt Kurt heim ins väterliche Schloß.
Als Christian und Katia sich nach Nevenka erkundigen, bestreitet er
natürlich jedes Wissen um ihren Verbleib, was ihm allerdings niemand
so recht abnehmen mag, zumal er Nevenkas Peitsche bei sich trägt.
Schließlich zieht Kurt sich in sein Gemach zurück, wo ihn
prompt der Lohn für seine Missetaten ereilt: Von unsichtbarer Hand
wird ihm ein Dolch in die Kehle gestoßen - die gleiche Waffe,
mit der einst Giorgias Tochter Selbstmord beging.
Zwischenzeitlich wird Nevenka ohnmächtig am Strand aufgefunden.
Im Schloß ist man irritiert von den blutigen Malen, die sich über
ihren Rücken ziehen und Christian schickt erbost den Diener Losat
los, um Kurt herbeizuholen, doch natürlich findet dieser nur noch
dessen Leiche.
Doch mit Kurts rätselhaftem Tod (den eigentlich niemand wirklich
bedauert, außer - überraschenderweise - Nevenka) zieht noch
kein Frieden in das alte Gemäuer ein. Kurz nach Kurts Beerdigung
wird der alte Graf erdolcht in seinem Bett aufgefunden. Die ohnehin
schon bröckelnde Fassade der Familie beginnt endgültig zu
wanken - Familienmitglieder und Dienstboten beginnen sich gegenseitig
zu verdächtigen und Giorgia entdeckt in Katias Bett versteckt die
Mordwaffe: Es ist wieder jener Dolch, durch den einst schon ihre Tochter
umkam.
Auch Nevenkas nervlicher Zustand wird immer bedenklicher. Die Erinnerung
an Kurt beginnt zunehmend von ihr Besitz zu ergreifen, sie wird von
Alpträumen geplagt, beginnt seltsame Fußabdrücke im
Schloß zu entdecken und wird nachts von dem Geräusch einer
knallenden Peitsche verfolgt. Auch ihre Ehe mit Christian erscheint
immer kränkelnder: Als sie ein Gespräch zwischen ihrem Mann
und Katia belauscht erfährt sie, daß Christian in Wahrheit
immer noch seine Cousine liebt und Nevenka - außer Mitleid - nicht
sonderlich viel Gefühl entgegenbringt.
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Des Nachts hat Nevenka Visionen von Kurt, der geisterhaft mit seiner
blutigen Bandage um den Hals durch ihr Fenster starrt und in ihr Gemach
eindringt. Sie erzählt Christian davon, doch der behandelt seine
Frau wie ein neurotisches Kind und beginnt sich immer mehr von ihr zu
distanzieren. Schließlich erscheint ihr eines Nachts abermals
Kurt, versichert ihr seine (wohl im wahrsten Sinne des Wortes) unsterbliche
Liebe und es wiederholt sich in Nevenkas Schlafgemach die Szene vom
Strand...
Am nächsten Morgen wird Nevenka mit Fieber, zerrissenem Nachthemd
und blutigen Wundmalen in ihrem Bett aufgefunden - sind dies tatsächlich
nur die alten, immer wieder aufbrechenden Narben? Zumindest Christian
ist dieser Meinung, doch als Nevenkas Verhalten in der Folge immer seltsamer
wird und man sie schließlich sogar in Kurts Gruft eingeschlossen
entdeckt, ist selbst er nahe daran, an einen Geist zu glauben. Um endlich
sicherzustellen, ob Kurt tatsächlich tot ist, wird dessen Grab
geöffnet, in dem man natürlich nichts weiter findet, als die
nicht mehr sehr ansehnlichen Überreste des Toten. Doch dem Spuk
im Schloß soll ein für allemal ein Ende bereitet werden und
man beschließt, die sprichwörtliche reinigende Kraft des
Feuers zu nutzen und den Leichnam zu verbrennen. Während dieser
Prozedur erschallt plötzlich ein gespenstisches Gelächter
und eine finstere Gestalt flüchtet aus der Gruft. Christian verfolgt
die Erscheinung, kann sie stellen und entdeckt zu seiner Überraschung,
daß es sich um niemand anders als Nevenka handelt, die sich in
Kurts Kleider gehüllt hat. Es stellt sich heraus, daß sie
Kurt getötet und sich in ihrem Wahn schließlich später
selbst mit ihm identifiziert hat: So ermordete sie auch den Grafen,
um sich (d. h. Kurt) für die erlittenen "Ungerechtigkeiten"
zu rächen, inszenierte die ganzen seltsamen Vorfälle und brachte
sich auch selbst die Wunden bei.
Nevenka kann vor ihrem Mann zurück in die Gruft fliehen, wo ihr
ein letztes Mal Kurt erscheint: Während sie sich zum Abschied umarmen,
erdolcht Nevenka ihren (Phantom-)Geliebten ein zweites Mal und tötet
somit sich selbst - Christian und Losat, die die Szene fassungslos beobachten,
sehen nur, wie sie eine unsichtbare Gestalt liebkost und sich schließlich
selbst die Waffe in den Leib stößt...
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Der abermals ziemlich dümmliche deutsche Verleihtitel Der
Dämon und die Jungfrau mag, ebenso wie einige der damaligen
reißerisch aufgemachten Filmplakate, falsche Assoziationen wecken
- die plakative Zurschaustellung eines gepeitschten Frauenkörpers
ist durchaus nicht das Thema in La frusta e il corpo. Der Film
erzählt ein, im gotischen Schauerambiente angesiedeltes, seltsam
schönes, phantastisches Drama um Wahnsinn und Sadomasochismus,
in dem die klassischen Horrorelemente Sex und Tod eine ähnlich
gelungene Symbiose eingehen wie in Riccardo Fredas berüchtigtem
Nekrophiliethriller L'orribile segreto del Dottore Hichcock (für
dessen Drehbuch übrigens ebenfalls Autor Ernesto Gastaldi verantwortlich
war).
Die düster-unwirklichen Farben, die den Anfang des Films dominieren,
erinnern durchaus an Roger Cormans The Pit and the Pendulum.
Den ganzen Film hindurch schwelgt Bava in dieser traumhaften, gotischen
Atmosphäre, perfektioniert diese jedoch noch durch eine Reihe unglaublich
virtuoser Beleuchtungstricks - die Farben werden hier zu einem eigenen
Ausdrucksmittel, zu einer Sprache, und die Ausdruckskraft dieser Bildsprache
wird durch Carlo Rustichellis wunderbare Musik (dessen Windsor Concerto
hier als immer wiederkehrendes, mehrfach variiertes Leitmotiv fungiert)
noch intensiviert und vervollkommnet.
Neben der technischen Perfektion beeindruckt La frusta... auch mit seinen
Besetzung, so wirken z. B. die wunderbare Harriet White (eine amerikanische Charakterdarstellerin,
die in zahlreichen italienischen Horrorfilmen der 60er Jahre mitwirkte) und Luciano
Pigozzi, der "italienische Peter Lorre", dessen Präsenz geradezu
zu einem Kennzeichen des damaligen Italohorrors wurde, in der Rolle der Dienstboten
Giorgia und Losat mit.
Mit Christopher Lee schließlich, dessen Popularität seit
dem 1958 entstandenen Hammerklassiker Dracula garantiert war
und der zwei Jahre zuvor in Ercole al centro della terra erstmals
unter Bavas Regie agierte, kann der Film einen Hauptdarsteller von internationalem
Format aufweisen.
Der eigentliche Star des Films jedoch ist die damals 20jährige
israelische Schauspielerin Daliah Lavi (eigentlich Daliah Lewinbuk).
Lavi, die ursprünglich als Fotomodell arbeitete und 1959 parallel
eine Karriere als Schauspielerin startete (sie wirkte u. a. in der James
Bond-Persiflage Casino Royale mit und absolvierte eine beeindruckende
schauspielerische Leistung in Brunello Rondis Besessenheitsdrama Il
demonio), wurde in Deutschland in den 70er Jahren vor allem als
Schlagersängerin populär. Für La frusta... war
sie das perfekte Gesicht, die perfekte Nevenka und mit ihrem dunklen
Charisma zugleich der perfekte Gegenpart zu der weitaus "diesseitiger"
wirkenden Katia-Darstellerin Isli Oberon.
Nun stellt Sadomasochismus - gemessen am konventionellen Standard -
selbst heute noch eine Thematik dar, an der sich selbsternannte Moralisten
gern erhitzen; im Jahr 1963 war ein solches Konzept jedoch mehr als
gewagt. So verwundert es auch wenig, daß die Produzenten, kurz
nachdem La frusta... in den Kinos angelaufen war, prompt von
einem empörten Kinobesucher wegen der "Obszönität"
des Films verklagt wurden. Die Klage wurde allerdings abgewiesen.
In La frusta e il corpo gelang es Mario Bava, das Thema auf eine
zugleich höchst ästhetisierte wie verstörende und psychologisch
komplexe Art zu verarbeiten, ohne dabei jemals moralisch zu bewerten
oder sich, was einfach gewesen wäre, in Exploitationbereiche zu
begeben. Zwar muß Nevenka - aufgrund der herrschenden gesellschaftlichen
Konventionen - an ihrer Leidenschaft scheitern und zugrunde gehen, doch
wird sie im gesamten Film niemals als "krank" oder "pervers"
denunziert und ist vor dem Hintergrund der verrotteten und heuchlerischen
Sippe der Menliffs sogar eigentliche Sympathieträgerin der Geschichte.
Kurt selbst mag zwar durchaus sinnliche Emotionen bei seinen Intermezzi
mit Nevenka empfinden, doch dabei bleibt es dann auch schon. Wie Nevenka
ist auch er ein Individualist, der nicht in seine Umwelt paßt,
doch erscheint er in erster Linie auf seinen eigenen Vorteil bedacht
und weitgehend frei von ethischen Bedenken, die sein Handeln beeinflussen
bzw. bremsen könnten. In seinem kompromißlosen Egoismus wirkt
er allerdings ehrlicher als der Rest seiner Familie.
Die Szenen, in denen Kurt Nevenka auspeitscht, sind in einem irritierend
romantischen Stil gefilmt und sorgen somit zugleich für eine Verwirrung
des konventionell denkenden Zuschauers, der sich (obgleich evt. empört
von dem, was er sieht) schwerlich dem Reiz dieser Bilder entziehen kann
und so mit einer völlig anderen Facette seiner selbst konfrontiert
wird. In den zensierten Fassungen des Films wurden die Sequenzen, in
denen Nevenka sich ganz offensichtlich Kurt hingibt und unverhohlen
dessen "Zärtlichkeiten" genießt, entfernt. Somit
wurde auch die ganze Handlung verfälscht und aus der hier erzählten
bizarren Romanze wurde die Story eines Opfers, das von einem Sadisten
terrorisert wird.
Der moralisch konservative Voyeur kann im konservativen Horrorfilm Folterungen,
Verstümmelungen u.v.m. jederzeit akzeptieren, da sie dort in einem
"moralisch korrekten" Rahmen, also als Untaten eines (am Ende
natürlich adäquat grausam zu bestrafenden) Schurken präsentiert
werden. In La frusta... verhält es sich jedoch völlig
anders.
Nevenka ist - obwohl Opfer sowohl ihrer eigenen Wahnvorstellungen wie
Gefangene gesellschaftlicher Zwänge - nichtsdestotrotz eine ausgesprochen
starke Persönlichkeit. Und so wird der dominante Kurt Menliff für
Nevenka schließlich zu einem Objekt, das sie benutzt um ihre Phantasien
Gestalt annehmen zu lassen.
Ein zentrales Thema - das sich durch viele von Bavas Filmen zieht und
bereits sein Debüt La maschera del demonio kennzeichnet
- ist die systematische Zerstörung der Familieneinheit, hier anhand
der Menliffs vor Augen geführt.
Der alte Graf Menliff, der schwerkrank an sein Bett gefesselt und eigentlich
nur noch der Schatten einer einstigen aristokratischen Macht ist, leidet
stellvertretend für den Niedergang seines Hauses.
Kurt, dessen Leben von Gewalt geprägt war, stirbt eines gewaltsamen
Todes. Die blutbefleckte Binde um seinen durchbohrten Hals erscheint
wie ein leuchtendes Stigma, wenn sein "Geist" nachts Nevenka
erscheint - eine große, finstere Gestalt, an der sofort jenes
leuchtend weiß-rote "Zeichen" ins Auge fällt: In
Nevenkas dunklem, nur von vereinzelten gespenstischen farbig-flackernden
Lichtern erhellten Zimmer tritt er aus dem Dunkel wie ein Dämon
aus ihrem eigenen Selbst (was er ja offensichtlich aus ist). Sein Gesicht
und seine Hände - geisterhaft grün ausgeleuchtet - werden
alptraumhafte Fixpunkte.
Nevenka schließlich, die sich ihrer eigenen Begierden und sexuellen
Phantasien sehr wohl bewußt und damit ihrer Zeit voraus ist (was
sie jedoch keineswegs glücklicher macht), kann das Wissen um ihr
masochistisches Naturell jedoch nicht ertragen und scheitert daran.
Nevenka ist eine Verlorene - gefangen in einer scheintoten Ehe und verborgenen
sexuellen Obsessionen. Die scheinbare Heimsuchung durch Kurt ist in
Wahrheit nichts anderes, als die Gestaltwerdung eines geleugneten Selbst,
an dem Nevenka letztendlich zerbrechen muß. Die Flucht in den
Wahnsinn und letztendlich in den Tod ist als Erlösung ist unvermeidlich.
Das Ende bleibt offen, der Interpretation des Betrachters überlassen:
Entspringt wirklich alles nur Nevenkas Wahn oder gab es wirklich einen
Geist...?
Ein verbreiteter Irrtum ist übrigens, daß Mario Bava diesen
Film aufgrund der brisanten Thematik unter Pseudonym drehte. Tatsächlich
verhielt es sich so, daß die Produzenten ihm dies aus absatzfördernden
Gründen nahelegten und ihm vorschlugen, einen "alten amerikanischen
Namen" zu wählen. Bava nahm
dies wörtlich und ließ sich in den Credits als John M. Old
listen, ein Pseudonym unter dem er ein Jahr darauf auch noch den Western
La strada per Fort Alamo drehte.
Daten zum Film:
LA FRUSTA E IL CORPO
(weitere Titel: LE CORPS ET LE FOUET, DER DÄMON UND DIE JUNGFRAU, DIE MÖRDER
VON SCHLOSS MENLIFF, WHAT!, THE WHIP AND THE FLESH)
Italien/Frankreich 1963, Farbe
Regie: Mario Bava (als John M. Old)
Buch: Ernesto Gastaldi, Luciano Martino, Ugo Guerra
Kamera: Mario Bava
Kameraführung: Ubaldo Terzano
Musik: Carlo Rustichelli
Schnitt: Mario Serandrei
Darsteller: Daliah Lavi (Nevenka), Christopher Lee (Kurt), Luciano Stella (Christian),
Gustavo De Nardo (Graf Menliff), Luciano Pigozzi (Losat), Harriet White (Giorgia),
Isli Oberon (Katia)
Externe Links:
B-Movies:
Sehr schönes Bildmaterial + Inhaltsangabe
Sense of View:
Review (deutsch)
The
Mario Bava Web Page: English review by Troy Howarth
Veröffentlichungen:
DVD:
- WHIP AND THE BODY, VCI Home Video (USA)
- DER DÄMON UND DIE JUNGFRAU, e-m-s (Deutschland)
- LE CORPS ET LE FOUET, Mad Movies/One Plus One (Frankreich)
VHS:
- WHIP AND THE BODY, VCI Home Video (USA)
- DER DÄMON UND DIE JUNGFRAU, SK Video (Deutschland), nicht mehr erhältlich
- diese Fassung ist gekürzt!