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Die auf den liberalen Zeitgeist der Swinging Sixties zugeschnittene
Erotikkomödie Quante volte...quella notte stellt eine kuriose
Ausnahmeerscheinung im Oeuvre Mario Bavas dar und blieb auch seine einzige
Arbeit in diesem Genre. Der Film markiert übrigens den Beginn der
Zusammenarbeit zwischen Bava und dem Produzenten Alfredo Leone, für
den er später auch noch die Horrorfilme Gli orrori del castello
di Norimberga und Lisa e il diavolo drehen sollte.
Quante volte... ist ein sprudelnder Cocktail aus grotesker Situationskomik
und Gesellschaftssatire. Das hippe Schickeria-Umfeld Johns wird hier
ebenso aufs Korn genommen, wie das durch den Hausmeister - der sich
ausgiebig über die verkommene moderne Jugend ausläßt,
die nur noch Sex und Drogen im Kopf hat - verkörperte, reaktionär-heuchlerische
Spießbürgertum. Optisch präsentiert sich auch dieser
Film Bava-typisch als perfekte, in verschwenderischen Farben abgefilmte,
Symbiose aus Stil und Design: Es gibt reichlich raffiniert arangierte
Effektspielereien, originelle Kameraperspektiven und den kitschig-schönsten
Sixties-Chic zu bewundern.
Daß Mario Bava an sich keine künstlerischen Berührungsängste
mit dem Thema Sex hatte, ist offensichtlich, denkt man nur an einige
seiner besten Filme, in denen dieser Bereich des menschlichen Daseins
- wenngleich meist als obsessiv-erotische Grundstimmung - nicht gerade
unbedeutend in die Handlung einfließt. Dennoch war Bava kein großer
Freund von ausgewalzten Sexszenen und so realisierte er die diesbezüglichen
Sequenzen hier mit dem gewohnten Einfallsreichtum, anstatt in den üblichen
Softcoreschwulst abzugleiten. So weist die Kamera dem Betrachter des
Films die Rolle eines Voyeurs zu, präsentiert das Geschehen aus
ungewöhnlichen, häufig verwinkelten Perspektiven und der dem
Blick meist nie ganz freigegebene, oftmals von Teilen des Interieurs
verdeckte, nackte Körper wird geradezu zu einem Bestandteil des
ihn umgebenden Designs. Stilistische Vergleiche mit den frühen
Werken Radley Metzgers oder z. B. mit Jess Francos kunstvollen Erotik-Phantasmagorien
Venus in Furs und Necronomicon bieten sich durchaus an.
Ähnlicher optischer Tricks bediente Bava sich später auch
in Lisa e il diavolo, um die darin enthaltenen Nackstzenen von
Elke Sommer und Sylva Koscina zu inszenieren.
Zu der Grundidee, ein Ereignis aus verschiedenen Gesichtspunkten erzählen
zu lassen, ließ Bava sich übrigens durch Akira Kurosawas
- auf Ryonosuke Akutagawas gleichnamiger Erzählung basierendem
- Film Rashomon inspirieren. Und wie in dem japanischen Klassiker
ist die Wahrheit auch in Quante volte... eine sehr subjektive,
dehnbare Angelegenheit. Dies deutet schon der animierte Rorschachtest
im Vorspann an: Tintenklecksgebilde ohne tiefere Bedeutung, in denen
jedoch jeder Mensch etwas anderes zu erkennen glaubt bzw. sehen will.
Drei verschiedene Versionen ein und derselben Geschichte werden hier
erzählt; jeder Erzähler ist natürlich darauf bedacht,
sich selbst im besten Licht darzustellen und läßt hier zugleich
sein eigenes Wunschdenken Gestalt annehmen: Tina als mißbrauchtes
Unschuldslamm, John als männliches Sexobjekt und der Hausmeister
schließlich als angeblicher Zeuge eines promiskuitiven Happenings,
wie er es ansonsten nur aus seinen Pornomagazinen kennt. Doch nichts
von all dem ist wirklich passiert. Die tatsächliche Auflösung,
die in dem recht grotesk anmutenden Finale ein an Sigmund Freud erinnernder
Psychiater präsentiert, erscheint nach den vorangegangenen Schilderungen
geradezu absurd banal - aber dennoch steckt in jeder Version irgendwo
ein Körnchen Wahrheit.
Quante volte...quella notte ist einer der unterbewertesten und
unbekanntesten Filme Mario Bavas. Bedauerlich, denn mit dieser Komödie
hinterließ er ein ausgesprochen charmantes, optisch durchgestyltes
und temporeiches Stück Sixties-Popart-Kino. Nicht mehr, aber auch
nicht weniger.
Daten zum Film:
QUANTE VOLTE ... QUELLA NOTTE
(weitere Titel: VIER MAL HEUTE NACHT, FOUR TIMES THAT NIGHT)
Italien / Deutschland 1969, Farbe
Regie: Mario Bava
Kamera: Mario Bava
Kameraführung: Antonio Rinaldi
Story: Charles Ross
Buch: Mario Bava, Mario Moroni
Musik: Lallo Gori
Schnitt: Otello Colangelli
Darsteller: Brett Halsey (John Price), Daniela Giordano (Tina Brant), Pascale
Petit (Esmeralda), Dick Randall (Hausmeister), Michael Hinz (George), Valeria
Sabel (Mrs. Brant), Rainer Basedow (Milchmann), Brigitte Skay (Moo-Moo)
Externe Links:
The
Mario Bava Web Page: English review by Troy Howarth
Veröffentlichungen:
DVD:
- FOUR TIMES THAT NIGHT, Image Entertainment (USA)
- QUANTE VOLTE QUELLA NOTTE, EMI Film (Italien) - diese Fassung ist gekürzt!
- QUANTE VOLTE QUELLA NOTTE, Raro Video/Nocturno (Italien)
VHS:
- FOUR TIMES THAT NIGHT, Eurotika (UK)