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|    Der perfekte Alptraum: | 
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 Die Villa Graps entpuppt sich als ein höchst mysteriöser 
          Ort mit einer gespenstischen, angsteinflößenden Aura. Vor 
          vielen Jahren wurde Melissa, die kleine Tocher der Baronesse Graps, 
          bei einem Dorffest von betrunkenen Dörflern mit einer Kutsche überrollt 
          und starb. Die Baronesse verfluchte alle Dorfbewohner und ihre Nachkommen, 
          und seitdem terrorisiert Melissas Geist das Dorf: Jeder, der das Kind 
          erblickt, wird eines gewaltsamen Todes sterben...
          Die Baronesse - im Lauf der Jahre zu einer alten alten, halbverrückten 
          Frau geworden, die von der Außenwelt abgeriegelt in ihrer menschenleeren 
          Villa zwischen verstaubter Pracht und alten Erinnerungen lebt - weigert 
          sich, Eswai zu empfangen und bestreitet, etwas von Inspektor Krogers 
          Verbleib zu wissen. Nachdem der Doktor recht rigoros von der Baronesse 
          abserviert wurde, begegnet ihm in den Gängen der Villa ein kleines 
          Mädchen, das mit seinem Ball spielt - Melissa. Als Eswai, der als 
          gestandener Naturwissenschaftler natürlich nichts von all dem Aberglauben 
          hält, sie anspricht, verschwindet sie.
        
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 Derweil wird Monica von Alpträumen geplagt, in denen ihr eine 
          seltsame Puppe erscheint. Als sie erwacht, findet sie genau jene Puppe 
          in ihrem im Bett vor. Verängstigt flieht sie aus dem Haus und begegnet 
          Eswai, den sie zu seinem Gasthof begleitet. Dort angelangt hört 
          er Nadine in ihrem Zimmer schluchzen. Er sieht nach ihr und entfernt 
          unter den Protesten der Mutter die Dornenranke von ihrem Leib. Erwartungsgemäß 
          tut seine Fürsorge dem Mädchen wenig gutes: Später in 
          der Nacht erscheint abermals Melissa und zwingt Nadine dazu, auf höchst 
          bizarre Art - nämlich mit einem Kerzenleuchter - Selbstmord zu 
          verüben.
          Später wird auf dem Friedhof Inspektor Krogers Leiche entdeckt, 
          der offensichtlich an einem selbst zugefügten Kopfschuß starb. 
          Bürgermeister Karl erklärt sich daraufhin bereit, Eswai stärker 
          bei seinen Ermittlungen zu unterstützen. Er offenbart Monica, daß 
          sie in Wirklichkeit eine Graps - nämlich Melissas Schwester - ist 
          und verrät, daß er im Besitz ihrer Geburtsurkunde ist. Doch 
          als er das Dokument holen will, wird auch er ein Opfer des Spuks.
          In der Folge verschwindet Monica von der Bildfläche und Eswai vermutet 
          richtig, als er sie in der Villa Graps zu finden glaubt: Sie schwebt 
          dort in tödlicher Gefahr, denn die Baronesse will - wenngleich 
          sie sich als besorgte Mutter präsentiert - Melissas Geist auch 
          auf sie hetzen. Nur das Eingreifen Ruths, die dem Terror ein Ende und 
          ihren Geliebten Karl rächen will, kann Monica und Eswai retten. 
          Zwar überlebt Ruth diese Konfrontation nicht, doch mit letzter 
          Kraft kann sie die Baronesse töten und somit zugleich auch Melissa 
          erlösen. Eswai und Monica verlassen die Villa und kehren zurück 
          in die Realität.
        
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 Der in nur 12 Tagen gedrehte Operazione Paura (Der haarsträubende 
          deutsche Titel Die toten Augen des Dr. Dracula führt einmal 
          wieder in die Irre und war nur darauf angelegt, die damalige Popularität 
          der Hammer-Produktionen auszunutzen) kann ohne Übertreibung als 
          einer der schönsten und atmosphärischsten Vertreter subtiler 
          Horrorfilmkunst bezeichnet werden: Beispielhaft führt Bava hier 
          sein visuelles Talent vor Augen - die wenigen Tagesszenen präsentieren 
          eine unwirklich trostlose Landschaft in ausgeblichen wirkenden Farben; 
          abgestorbene kahle Bäume und halbverfallene Häuser dominieren 
          die Szenerie. Anders als z. B. das unwirkliche Ödland, das Roderick 
          Ushers Haus in Roger Cormans kunstvoller Poe-Adaption The Fall of 
          the House of Usher umgibt, wirkt diese Gegend hier jedoch keineswegs 
          anheimelnd gruselig sondern abweisend, feindselig und beklemmend.
          In den Nachtszenen entfaltet Bava jedoch all sein Farbempfinden: Ein 
          geisterhaftes blaues Licht beherrscht die Szenerie, kunstvoll gesetzte 
          Farbakzente erschaffen eine altraumhafte Kunstwelt, in der schleichende 
          Kamerafahrten, ausgeklügelte Perspektiven (so z. B. die raffinierte 
          Drehbewegung der Kamera, wenn den Protagonisten auf der Wendeltreppe 
          gefolgt wird) und Carlo Rustichellis musikalische Untermalung für 
          ein subtiles Grauen sorgen, das tiefer geht, als jede plakative Monstershow. 
          In Operazione Paura frönt Bava wieder einmal seinen beiden 
          großen Vorlieben: Einerseits ist es die Inszenierung unwirklich 
          nebelwallender Spukstimmungen, in denen sich die Grenzen zwischen Träumen 
          und Wachen auflösen - das ganze Dorf scheint nur von Somnambulen 
          bevölkert, die wie auf Abruf nur auf ihren in der Gestalt der kleinen 
          Melissa erscheinenden Todesengel zu warten scheinen. Zum anderen ist 
          es das Erwecken des schleichenden Grauens, das auch den harmlosesten 
          Dingen eigen wird, reißt man sie aus ihrem vertrauten Zusammenhang 
          gerissen werden und läßt ihnen eine ausreichende (filmische) 
          Überbetonung zuteil werden. Das Mädchen Melissa mit seinem 
          Ball ist dafür ein ebenso gelungenes Beispiel wie der tropfende 
          Wasserhahn in I tre volti della paura: Das Hüpfen des Balls 
          und das Lachen des Kindes bekommen in den verschachtelten Korridoren 
          der Villa Graps - in denen Dr. Eswai schließlich sich selbst gegenüber 
          steht - eine gänzlich fremde, unheilverkündende Dimension.
          Das Böse erscheint hier in Form eines kleinen Mädchens, der 
          gespenstischen, nie greifbaren Melissa (übrigens wurde Melissa 
          von einem kleinen Jungen gespielt, der mittels Makeup und Perücke 
          entsprecehend zurechtgemacht wurde). Das Lachen des Kindes, das Geräusch 
          des hüpfenden Balls wird den normalen Empfindungen enthoben und 
          bekommt im Kontext von Bavas Inszenierung eine neue, beängstigende 
          Bedeutung. Ebenso verhält es sich auch mit dem Spielzeug, das Monicas 
          Alptraum bevölkert - die Puppe ist hier nicht mehr der nostalgisch 
          verklärte Spielkamerad der Kindheit, sondern ein Sendbote des Unterbewußtseins, 
          ein erstes Vorzeichen für Monicas Rückkehr zu ihren Ursprüngen, 
          sprich in die Villa Graps.
          Überhaupt ist die (unfreiwillige) Reise ins eigene Selbst , die 
          Konfontation mit einer tief unter der Oberfläche verborgenen Wahrheit 
          ab der zweiten Häfte des Films ein zentrales Thema: Monica muß 
          zurück in die Villa, den sprichwörtlichen "Schoß 
          der Familie", findet dort jedoch alles andere als familiäre 
          Behaglichkeit und Mutterliebe. Die Baronesse Graps andererseits lebt 
          nur für die Vergangenheit; ihre Villa, in der sie sich von der 
          Außenwelt und dem leben an sich abriegelt, ist für sie längst 
          zu einer Gruft geworden. Die ängstlichen und abergläubischen 
          Dorfbewohner wiederum werden durch den Fluch der Baronesse - verkörpert 
          durch Melissas Geist - zwangsläufig ständig mit ihren "Ursprüngen" 
          (= der Schuld am Tod Melissas) konfrontiert. Auch Dr. Eswai, der Fremde, 
          Verkörperer der weltlichen und rationellen Seite, muß sich 
          der Begegnung mit sich selbst unterziehen: Als er Monica retten will, 
          wird er in der Villa mit einem vor ihm flüchtenden Mann konfrontiert. 
          Er verfolgt den Fremden und scheint dabei immer wieder den gleichen 
          Raum zu durchqueren - als er ihn schließlich stellt, blickt er 
          zu seinem Entzsetzen in sein eigenes Gesicht (David Lynch baute 1991 
          in der letzten Episode der amerikanischen Kultserie Twin Peaks 
          eine nahezu identische Szene ein: Als Agent Cooper in der mysteriösen 
          Black Lodge landet, schaut auch er seinem unbekannten Ich ins Antlitz). 
          Schließlich findet Eswai sich vor der Villa sogar in einem riesigen 
          Spinnennetz wieder; ein Trugbild zwar, doch ein überdeutliches 
          Symbol für die Hilflosigkeit der wissenschaftlichen Ratio gegenüber 
          den überirdischen Kräften die hier zugange sind.
          Die Zerstörung und der Niedergang einer Familie (seit La maschera 
          del demonio eines von Bavas Lieblingsthemen) läßt sich 
          am Beispiel der Graps-Sippe auch hier wieder nachvollziehen, gerät 
          aber vor dem zuvor genannten Schwerpunkt in den Hintergrund.
          
          Mag Operazione Paura auch ein weiteres Paradebeispiel für 
          das, für den italienischen Horrorfilm typische Prinzip "Form 
          vor Inhalt" sein, so überzeugt jedoch auch die Besetzung des 
          Films: Giacomo Rossi-Stuart (der für das italienische Genre-Kino 
          jener Zeit in etwa das war, was Joachim Fuchsberger für die deutsche 
          Edgar Wallace-Ära darstellte) verkörpert routiniert Dr. Paul 
          Eswai, der - als rationell denkender Außenseiter - zu einer Identifikationsfigur 
          für den Zuschauer wird und auf dessen Spuren man in das sich entfaltende 
          Enigma eintaucht. Dominiert wird jedoch auch dieser Film einmal wieder 
          von den weiblichen Protagonisten: Die wunderbare Giana Vivaldi als die, 
          zwischen Rachsucht, Melancholie und Furcht hin- und hergerissene alte 
          Baronesse ist der Auslöser des ganzen Spuks. Fabienne Dali als 
          geheimnisvoller "Hexe" Ruth gelingt es im Finale - wenngleich 
          unter Opferung ihres eigenen Lebens - das Böse zu besiegen. Erika 
          Blanc in der Rolle Monicas schließlich, ist die eigentliche Heldin 
          des Films und nicht zuletzt auch Anlaß für den Titel. Blanc 
          (die eigentlich Enrica Maria Colombatto heißt und ihre Karriere 
          als Model für italienische Fotoromane begann) hatte in Italien 
          und Frankreich bereits durch die 1965 entstandenen James Bond-Persiflagen 
          Agente 077, Missione Bloody Mary und Agente 003, Operación 
          Atlántida Popularität erlangt. Der Titel Operazione 
          Paura war zugleich eine ironische Anspielung auf diese Filme und 
          ein deutlicher Hnweis auf die Präsenz Erika Blancs. Erika Blanc 
          hat die Dreharbeiten zu Operazione Paura übrigens in angenehmer 
          Erinnerung: "Mario war ein großer Regisseur. Mir hat sehr 
          gefallen, wie er mit den Schauspielern zusammenarbeitete, sehr einfach, 
          sehr locker. Er wirkte bei seiner Arbeit immer wie ein Kind beim Spielen, 
          mit derselben unschuldigen Freude. Das ist in unserem Geschäft 
          sehr selten ... Solche Künstler lieben ihre Arbeit, sie stecken 
          in einem Spiel, das sie ganz verkonsumiert. Das ist es, was sie von 
          anderen unterscheidet. Das macht sie zu Genies." (aus einem 
          Interview in Splatting Image Nr. 35, September 1998)
          
          Die brillante Idee, das Böse in Gestalt eines ballspielenden Kindes 
          darzustellen, variierte Federico Fellini 1969 in der italienisch-französischen 
          Poe-Trilogie Histoires extraordinaires / Tre passi nel delirio: 
          In der von ihm inszenierten Episode Toby Dammit wird der Protagonist 
          - ein versoffener Schauspieler, dargestellt von Terence Stamp - von 
          Visionen von einem kleinen, ballspielenden Mädchen verfolgt, das 
          sich als niemand anders als der Teufel entpuppt. Hartnäckige Gerüchte, 
          daß Mario Bava selbst an diesem Film beteiligt gewesen sein soll, 
          wurden übrigens später von seinem Sohn Lamberto dementiert. 
          Liliana Betti erwähnt jedoch in ihrer Fellini-Biographie, daß 
          Fellini das Projekt anfangs ablehnen wollte und darauf verwies, daß 
          der talentierteste Regisseur für eine solche Arbeit Mario Bava 
          sei .
        
Daten zum Film:
OPERAZIONE PAURA
(weitere Titel: DIE TOTEN AUGEN DES DR. DRACULA, KILL, BABY...KILL!, CURSE OF 
THE DEAD)
Italien 1966, Farbe
Regie: Mario Bava
Story: Roberto Natale, Romano Migliorini
Buch: Mario Bava, Roberto Natale, Romano Migliorini
Kamera: Mario Bava
Kameraführung: Antonio Rinaldi
Musik: Carlo Rustichelli und Roman Vlad
Schnitt: Romana Fortini 
Darsteller: Giacomo Rossi-Stuart (Dr. Paul Eswai), Erika Blanc (Monica), Giana 
Vivaldi (Baronesse Graps), Fabienne Dali (Ruth), Max Lawrence (Bürgermeister 
Karl), Piero Lulli (Inspektor Kroger), Giuseppe Addobbati (Wirt)
Externe Links:
B-Movies: Sehr 
schönes Bildmaterial + Inhaltsangabe
Sense of View: 
Review (deutsch)
The 
Mario Bava Web Page: English review by Troy Howarth
Splatting 
Image: Interview mit Erika Blanc
Trailer:
YouTube 
Veröffentlichungen:
DVD:
- KILL, BABY...KILL!, VCI Home Video (USA)
- DIE TOTEN AUGEN DES DR. DRACULA, Anolis Entertainment (Deutschland)
- CURSE OF THE LIVING DEAD, KSM/Laser Paradise (Deutschland)
- OPÉRATION PEUR, Neo Publishing (Frankreich)
- OPÉRATION PEUR, Films sans frontières (Frankreich)
VHS:
- KILL, BABY...KILL!, VCI Home Video (USA)
- DIE TOTEN AUGEN DES DR. DRACULA, Anolis Entertainment (Deutschland)
- DIE TOTEN AUGEN DES DR. DRACULA, Award (Deutschland), nicht mehr erhältlich

