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![]() Medusas Spiegelbild:
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Aus Furcht vor Asas Fluch beschließt man, die Leichen auf dem
Scheiterhaufen zu verbrennen, um somit wirklich alle Spuren der Prinzessin
und ihres Geliebten von der Erde zu tilgen; ein gewaltiger Wolkenbruch,
der plötzlich einsetzt, löscht jedoch die "reinigenden"
Flammen. Javutich wird in ungeweihter Erde begraben und Prinzessin Asa
in ihrer Familiengruft beigesetzt (sorgsam abgesichert durch die Maske
und die Gegenwart christlicher Symbole, versteht sich). Die ganze Nacht
über werden die Glocken geläutet, um die Dämonen zu vertreiben...
Zwei Jahrhunderte nach Asas Tod durchreisen der Gelehrte Professor Choma
Kruvajan und sein junger Assistent Andrej Gorobek denselben Landstrich.
Es ist eine unwirklich scheinende, alptraumhafte Landschaft, in die
die Kutsche der Reisenden eintaucht. Durch verwinkeltes Geäst hindurch,
das sich wie die Klauen halbmenschlicher Fabelwesen ausstreckt, kann
der Betrachter verfolgen, wie der Weg immer tiefer in einen nebeldurchfluteten,
verwunschenen Wald führt - ein unwirklicher Mikrokosmos der Magie
und Schattenwesen, der unwillkürlich Erinnerungen an Jean Cocteaus
La belle et la bête wachruft. Als ein Rad der Kutsche bricht,
nimmt das Unheil seinen Lauf: Während der Kutscher unter großem
Gejammer die Misere repariert, vertreten sich Kruvajan und Gorobek ein
wenig die Beine und entdecken dabei die halb eingestürzte alte
Kapelle, unter welcher sich Asas Familiengruft befindet. Eine spinnwebverhangene,
surreale Atmosphäre, die an die Stummfilmklassiker des deutschen
Expressionismus und an die Kameraarbeit Karl Freunds (der eben dieser
Schule entstammte) in den brillanten Anfangssequenzen von Tod Brownings
Dracula erinnert, empfängt die Beiden. Als sie Asas Grab
entdecken, wird der Professor einer letzten Warnung gleich plötzlich
von einer Fledermaus attackiert, bei deren Abwehr er versehentlich den
Sarkophagdeckel beschädigt. Als Paradeexemplar eines unorthodox
denkenden Intellektuellen macht er sich - von den Erzählungen des
Kutschers ebenso unbeeindruckt wie von den Bedenken Andrej Gorobeks
- voller Neugier daran, Asas letzte Ruhestätte zu examinieren.
Er entdeckt in dem Grab eine geheiligte alte Ikone, die er kurzerhand
an sich nimmt, und entfernt die Teufelsmaske, die immer noch das Antlitz
der Leiche bedeckt - eine Prozedur, die auch für heutige Verhältnisse
noch bemerkenswert widerlich inszeniert ist: Von einem schmatzenden
Geräusch begleitet, löst sich die eiserne Fratze und enthüllt
das unverweste maskenhafte Gesicht Asas, in deren leeren Augenhöhlen
sich Skorpione und anderes Krabbelgetier tummeln. Von Kruvajans verletzter
Hand tropft ein wenig Blut auf die Unterlippe der Toten...
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Auf dem Rückweg zur Kutsche begegnen Kruvajan und Gorobek einer
schwarzgewandeten, melancholischen jungen Frau, die sich als Prinzessin
Katja vorstellt und erzählt, daß die Kapelle mit zu dem Grundbesitz
ihres Vaters, Prinz Vajda, gehört, der sich aus unerfindlichen
Gründen weigere, das vor Jahren bei einem Erdbeben zerstörte
Gebäude restaurieren zu lassen. Und während die beiden Reisenden
sich auf dem Weg in das Dorfgasthaus machen, beginnt sich Asas Leichnam
in der Gruft zu beleben...
Eine bedrückte Stimmung herrscht am gleichen Abend im Schloß
Prinz Vajdas. Infernalisches Wolfsgeheul zieht um das Gemäuer,
derweil der alte Prinz seinen Kindern Katja und Konstantin von der Legende
um ihre gefürchtete Vorfahrin Asa erzählt, und plötzlich
wird ein finsteres Vorzeichen entdeckt: ein Portrait Prinzessin Asas
scheint sich auf eine undefinierbare Art verändert zu haben und
besonders die - Asa wie aus dem Gesicht geschnittene - Katja nimmt diese
Veränderung wahr: "There's something alive about it, something
different about the eyes, the hands, as if it were hiding something
... Sometimes I'm afraid to go near it." Auf eine merkwürdige
Art scheint sie von dem Bild ebenso abgestoßen wie angezogen zu
werden und der Prinz erzählt, wie vor vielen Jahren Prinzessin
Masha - auch sie ein Ebenbild Asas - in ihrem 21. Lebensjahr unter mysteriösen
Umständen dahinschied. Auch Katja ist jetzt 21 Jahre alt... Seltsamerweise
hat die Familie Vajdas in einer eigentümlichen Mischung aus fatalistischer
Furcht und Besessenheit von der eigenen Geschichte wohl in all den 200
Jahren nie den Versuch unternommen, sich vom Andenken an die ungeliebte
und gefürchtete Vorfahrin zu befreien - sogar ein Bild Javutichs
hängt noch neben Asas Portrait. Die Zerstörung einer Familie
- in ideeller wie physischer Hinsicht -, die sich hier bereits anzubahnen
beginnt, sollte auch in Bavas weiteren Filmen noch oft ein zentrales
Thema sein.
Später hat Prinz Vajda eine grauenvolle Vision: im Weinglas erscheint
ihm das Bild der eisernen Teufelsmaske. Zwar schon halb regeneriert,
doch noch zu schwach, um ihren Sarg zu verlassen, beschwört Asa
aus der Gruft hinaus ihren toten Liebhaber Javutich, der sich in einer
beeindruckend realisierten Szene daran macht, aus seinem Grab aufzuerstehen:
Durch das Fenster einer Scheune hindurch fährt die Kamera auf einen
Friedhof zu, verharrt schließlich vor einem verwitterten Grabstein.
Nebelschwaden fließen durch das Bild, Blitze zucken, und begleitet
von Donnergrollen brandet heftig ein Sturm auf - eine untermalende Symphonie
für den nachfolgenden Akt der Auferstehung, der eigentlich schon
mehr die metaphorische Travestie einer Geburt ist: die Erde auf dem
Grab beginnt sich zu bewegen, lockert sich und platzt auf. Ein Paar
verkrusteter Hände schiebt sich durch die bröckelnde Grabdecke
und der durch Asas Ruf reanimierte Javutich kämpft sich blind tastend
ins Freie. In einer geradezu schmerzhaften Geste reißt er die
Dämonenmaske herunter, die seit zwei Jahrhunderten sein Gesicht
bedeckt, und wird fortan Asas getreuer Erfüllungsgehilfe sein.
Überhaupt ist Javutichs Metamorphose vom einstigen Liebhaber zum
Diener/Quasi-Sohn der Hexe ein damals auffälliges Phänomen
im Genre Vampirfilm. Er hat nichts gemein mit der üblichen dominanten
Verführergestalt des männlichen Vampirs, wie ihn z. B. Christopher
Lee verkörperte. Trotz der optischen Ähnlichkeit mit einem
gewissen Vlad Tepes ist nicht er der Versucher, der die Sterblichen
zu Marionetten seines höllischen Spiels machen wird, sondern die
in ihrer Gruft wartende Asa. Ihr in devoter Hingabe zu dienen, wird
von nun an der einzige Zweck seiner Existenz sein. Dennoch war es wohl
unumgänglich, den Film in Deutschland unter dem ebenso debilen
wie irreführenden Titel Die Stunde wenn Dracula kommt aufzuführen.
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Im Verlauf der Nacht wird Prinz Vajda von dem Untoten heimgesucht
und erleidet vor Angst einen Herzanfall. Katja und ihr Bruder Konstantin
beschließen Professor Kruvajan zu Hilfe holen zu lassen, nicht
ahnend, daß dieser bereits von Javutich auf das Schloß eingeladen
wurde - scheinbar um dem kranken Prinzen zu helfen.
In einer apokalyptisch gespenstischen Fahrt - eine großartige
Szene, die in ihrer visuellen Kraft an die Bilder Murnaus und Bergmans
erinnert - bringt eine prächtige, goldverzierte Kutsche den Professor
bis vor das Schloß des Prinzen. Doch die Dinge sind in La maschera...
nie was sie scheinen: Von Javutich durch ein unüberschaubares Netz
von Geheimgängen geführt, findet sich der Gelehrte zu seiner
Überraschung nicht im Schloß, sondern in der Gruft, direkt
vor Asas Sarg wieder. Es ist zu spät zur Flucht, als er die Gefahr
realisiert, und es folgt eine weitere Szene, die La maschera...
unvergeßlich macht: Die Wände des Sarkophages beginnen zu
vibrieren, zu beben, zerbersten schließlich in einem donnernden
Crescendo, das die ganze Gruft in ihren Grundmauern erschüttert.
Ein konvulsives Zucken fährt duch den Körper der aufgebahrten
Asa, als sie - nun endlich erlöst von ihrem steinernen Kerker -
in gierigen Atemzügen ihre Freiheit inhaliert. Langsam streckt
sie eine Hand in Kruvajans Richtung aus und ordert den inzwischen völlig
willenlosen, von ihrem sprichwörtlichen "bösen Blick"
gebannten Professor an ihr Lager. "Come, kiss me..."
fordert sie den über sie gebeugten Kruvajan auf und fährt
fort: "My lips will transform you - you will be dead to men
but you will be alive in death". Es folgt eine klassische Abblende.
Diese bizarre Verführungsszene ist wohl einer der erotischsten
Momente des phantastischen Kinos an sich, geradezu exemplarisch entlädt
sich das morbid-sinnliche Charisma Barbara Steeles, die ungeheure dunkle
Kraft und Anziehung, die von Asa ausgeht. Sex und Tod werden zu einer
Symbiose. In einer Großaufnahme erscheint hier das noch von den
Penetrationen der Nägel gezeichnete Gesicht der Steele fast wie
ein seltsam abstrahiertes Konterfei der Medusa: unwirklich starren die
hypnotischen Augen in die Kamera, wie schwarze Spiegel, und sie drohen
den, der zu lange hineinsieht zu versteinern, zu absorbieren. "Stare
into these eyes" hieß es auf den damaligen US-Filmplakaten,
"discover deep within them the terrifying secret..."
Als sich der nunmehr vampirisierte Kruvajan schließlich doch noch
im Schloß einfindet, verspricht er den besorgten Geschwistern,
die Nacht über am Bett des kranken Vaters zu wachen - vorher besteht
er allerdings darauf, daß sämtliche christlichen Symbole
aus dessen Gemach entfernt werden. Erwartungsgemäß überlebt
Prinz Vajda diesen Arztbesuch nicht und wird am nächsten Morgen
blutleer aufgefunden, während vom Professor keine Spur mehr zu
entdecken ist. Der Anblick des von Angst entstellten Gesichts ihres
Vaters beschert Katja eine gnädige Ohnmacht.
Als Andrej Gorobek auf der Suche nach seinem Mentor im Schloß
eintrifft, sieht er sich zwar anfangs mit dem Mißtrauen und den
Vorwürfen Konstantins konfrontiert, kann dessen Bedenken jedoch
schnell zerstreuen, indem er der ohnmächtigen Katja erste Hilfe
leistet. Die Szene, in der er der Bewußtlosen behutsam das Kleid
öffnet, läßt schon jetzt darauf schließen, daß
die Ambitionen des Doktors im weiteren Verlauf nicht nur medizinischer
Natur sein werden. Gleichzeitig wird ein von Katja getragenes Kruzifix
groß ins Bild gebracht - ein Symbol, das ihren "guten"
und "unschuldigen" Part in der Geschichte verdeutlicht und
später noch entscheidende Bedeutung erlangen soll.
Der Spuk beginnt nun immer mehr das Leben im Schloß zu infiltrieren.
Eine Abordnung erregter Dorfbewohner berichtet von einem Toten, den
man blutleer und mit zwei seltsamen Malen am Hals aufgefunden habe,
und als Andrej Prinz Vajdas Leichnam untersucht, entdeckt er an dessen
Hals (zu niemandes Überraschung) die gleichen Wunden. Der zum Wiedergänger
mutierte Professor Kruvajan, dessen Haar inzwischen schlohweiß
geworden ist, erscheint in der folgenden Nacht seinem überraschten
Schüler, doch als Andrej ihn mit der heiligen Ikone konfrontiert,
sieht der Professor sich zu einer überstürzten Flucht gezwungen
- allerdings nicht ohne seinen Durst vorher noch an den winselnden Schloßdoggen
zu stillen, denn in der Not fressen Teufel bekanntlich Fliegen...
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Andrej Gorobek beginnt zu ahnen, daß die seltsamen Geschehnisse
sich nicht mit seinem akademischen Wissen erklären lassen, zugleich
spinnt sich zwischen ihm und Katja eine fragile Romanze an. Doch obwohl
die Prinzessin seine romantischen Gefühle erwidert, hängt
der familiäre Fluch des Blutes über ihr und fesselt sie in
einer morbiden Melancholie: "What is my life? Sadness and grief...
Something that destroys itself day by day and no one can rebuild it."
Als eines Nachts ein Feuer das Javutich-Portrait zerstört, entdeckt
man, daß sich dorthinter ein Hohlraum in der Wand befindet. Als
Konstantin und Andrej die kleine Kammer untersuchen, entdecken sie einen
Mechanismus, der eine Geheimtür an der Rückwand des Kamins
öffnet, und machen sich daran, den rätselhaften Durchgang
zu erkunden. Nach diesem ersten "initiierenden" Einstieg in
die Schattenwelt entdecken sie in einem dahinter gelegenen kleinen Raum
ein weiteres Portrait Asas - bezeichnenderweise ist sie auf diesem Bild
nackt verewigt worden. Die Funktion der Bilder als Brücken, Schlüssel
und Tore zu "anderen" Welt offenbart sich schließlich
auch hier: Eine weitere Geheimtür öffnet sich den Suchenden
hinter dem Gemälde, der Eingang zu dem unüberschaubaren Netz
von Geheimgängen unter dem Schloß, die gleich den Fäden
eines Spinnennetzes von der Familiengruft auszugehen scheinen. Ebendort
finden sich schließlich Andrej und Konstantin wieder und entdecken
zu ihrem Entsetzen die untote aufgebahrte Asa. Während Andrej den
Ausgang ins Freie benutzt, um den Dorfpriester zu Hilfe zu holen, rennt
Konstantin auf dem Rückweg Javutich in die Arme, der ihn kurzerhand
durch eine Falltür in einen undefinierbaren Abgrund wirft.
Als Andrej in Begleitung des Priesters den Friedhof aufsucht, entdeckt
er zuerst die Teufelsmaske Javutichs und schließlich auch ein
frisches Grab, in dem sich der (scheinbar) tote Professor Kruvajan befindet.
Andrej ist schockiert und will gerade dessen Schicksal beklagen, doch
der Priester weiß es besser und rettet das Seelenheil des vampirisierten
Wissenschaftlers, indem er ihm einen Eisennagel durchs Auge treibt -
eine Prozedur, die zwar heutiger detaillierter Gore-Effekte entbehrt,
doch von Bava so gekonnt unangenehm in Szene gesetzt wurde, daß
auch sie zur jahrelangen Indizierung des Films in einigen Ländern
beitrug.
Im Schloß gerät Prinzessin Katja derweil in einen Zustand
kopfloser Panik. Nachdem sie vergeblich nach Konstantin und Andrej gesucht
hat, bricht sie verzweifelt am aufgebahrten Leichnam ihres Vaters zusammen
- nur um im nächsten Moment zu erleben, wie dieser die Augen öffnet
und sich aufrichtet. "I am no longer your father" kommt
es mit hohler Stimme von seinen Lippen, "the spirirts of evil
have rent that tie between us forever." Katja verliert anhand
solcher Offenbarungen das Bewußtsein und der lüstern starrende
Vajda nähert sich seiner Tochter mit unverhohlen unväterlichen
Absichten, als der unvermeidliche Javutich auf der Bildfläche erscheint
und ihr - vorerst - das Leben rettet, indem er den gierigen Greis dem
lodernden Kaminfeuer überantwortet. Die Ohnmächtige wird von
ihm in die Gruft gebracht, denn niemand anderes als Katja soll der untoten
Ahnherrin nun zur endgültigen Wiederauferstehung verhelfen.
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Wie in einer bizarren Pieta - gleich einer Allegorie auf den für
katholische Kulturen typischen mythischen Dualismus aus Madonna und
Hure - lehnt Katja leblos vor der aufgebahrten Asa. Langsam, bedächtig
tastend, streckt sich die langfingrige Klauenhand der Hexe nach ihr
aus, um dann schließlich mit einem Griff gleichsam Körper
und Seele ihres Ebenbildes in Besitz zu nehmen. Hier wird Asa zum Archetyp
der bösen Märchenhexe, die nach dem Blut (= Leben) der Kinder
giert, um ihre Jugend (= ewiges Leben) wiederzugewinnen. "You
did not know that you were born for this moment" faßt
Asa in einer triumphierenden Ansprache das Schicksal Katjas zusammen,
"but you sensed it, didn't you? That's why my portrait was a
constant temptation to you. You felt that your life and your body were
mine. You felt like me because you were destined to become me. The love
that young man had for you could have saved you, do you know that? You
might have been happy together, but I was stronger." Und Katja
beginnt zu altern, scheint unter dem unnachgiebigen Griff förmlich
dahinzuwelken - oder ist es eigentlich nichts anderes als eine vorbestimmte
Verschmelzung zwischen Licht und Schatten? Das Gesicht der Hexe glättet
sich, die Wundmale verschwinden, doch als sie sich mit den Lippen Katjas
Hals nähert, um die Symbiose zu vollenden, schreckt sie zurück:
Noch immer trägt Katja die Kette mit dem Kruzifix, noch immer untersteht
sie der gottgewolten Welt- und Moralordnung.
Andrej stürzt aufgelöst zur Rettung herbei (immerhin hat er
schon einen Zweikampf mit Javutich hinter sich, in dessen Verlauf dieser
sein Ende in der Fallgrube fand) und sieht sich mit der doppelten Barbara
Steele sprich Asa/Katja konfrontiert. Natürlich hält er die
verjüngte Asa für die richtige Katja, was diese mit teuflischer
Raffinesse für sich nutzen will, indem sie ihn auffordert, dem
welken aufgebahrten Gruftgeschöpf (zu dem Katja mittlerweile geworden
ist) mittels Hammer und Eisennagel den Garaus zu machen. Doch dieses
"Happy End" ist Asa (und dem unweigerlich mit ihr hoffenden
Zuschauer) nicht vergönnt, und es kommt in der Climax des Films
zum konventionellen Sieg des "Guten": Der Doktor entdeckt
im letzten Moment das Kruzifix an Katjas Hals und erkennt somit Asas
teuflischen Plan - als er ihr den Mantel herunterreißt, erscheint
ihr Körper immer noch als halbverwestes Gerippe. Vom Priester angeführt,
stürzt eine aufgebrachte, mit Fackeln und Mistgabeln bewaffnete
Bauernmeute in die Gruft und ergreift Asa. Im Feuer eines improvisierten
Scheiterhaufens findet sie unter dem Gejohle des Pöbels ihr endgültiges
Ende. Und während ihr haßverzerrtes Gesicht in den Flammen
zu altern beginnt, verwandelt sich zeitgleich Katja zurück, verjüngt
sich, bis sie zum Entzücken Andrejs wieder zu atmen beginnt. Die
Hexe ist tot, die Liebenden haben sich gefunden, doch die Familie ist
zerstört - ob und welche Spuren Asa in Katjas Persönlichkeit
hinterlassen hat, werden wir nie erfahren...
Für seine Produzenten war La maschera del demonio eine Antwort
auf die Erfolge der britischen Konkurrenz (der Titel war eine ironische
Anspielung auf die Hammerproduktion The Curse of Frankenstein,
die in Italien als La maschera di Frankenstein die Kinokassen
gefüllt hatte) und wurde diesem Anliegen auch gerecht. Der
Film konnte in Italien und auch international große Erfolge verbuchen,
und fand sogar Anerkennung in der "seriösen" Filmkritik.
1961 erwarb die amerikanische Produktionsfirma AIP für 100.000
$ die Verleihrechte für das englischsprachige Ausland, wodurch
für Galatea Film mit einem Schlag die Produktionskosten ausgeglichen
wurden. Doch es war nicht die ursprüngliche englischsprachige
Fassung Mask of Satan, die die AIP in die amerikanischen Kinos
bringen sollte: Für den damaligen US-Zeitgeist waren religiöse
Blasphemien zu starker Tobak und so war schon einmal das Wort Satan
in einem Filmtitel unerwünscht; der Film wurde also kurz und prägnant
in Black Sunday umbenannt. Des weiteren wurde La maschera...
auch neu synchronisiert, Roberto Nicolosis kongeniale Originalmusik
durch einen "gruseligen" Soundtrack von Les Baxter ersetzt
und der Film um über drei Minuten zu "zweideutigen" Materials
gekürzt. In Großbritannien scheiterte La maschera...
zunächst an dortigen Zensorenlaunen: Aufgrund der für damalige
Verhältnisse allzu drastischen Schocksequenzen blieb der Film bis
zum Jahre 1968 von britischen Kinoleinwänden verbannt - merkwürdig,
denkt man an die zeitgleich entstandenen farbenfrohen Blutbäder
der Hammer-Studios.
Doch La maschera... ist weitaus mehr als ein schnell gedrehtes
B-Picture, das seinen Produktionsetat um ein Vielfaches wieder einspielte.
In seinem unnachahmlichen visuellen Stil vermengte Bava Elemente des
expressionistischen Stummfilms mit einer schon fast barocken schwelgerischen
Sinnlichkeit der Bildsprache und erschuf mit diesem Film ein Schlüsselwerk,
ein Stück Nouvelle Vague des Horrorkinos. Sein Debüt
war der Auslöser einer ganzen Serie von Gothic
Horror-Produktionen, die das italienische Genrekino der 60er Jahr
prägen sollten.
Bedauerlicherweise blieb La maschera... die einzige Zusammenarbeit
zwischen Mario Bava und der Schauspielerin Barbara Steele. Für
Steele bedeutete die Rolle der Asa/Katja den Beginn einer überraschenden
(und irgendwo auch anders gedachten) Karriere. Nach einem abgebrochenen
Kunststudium, diversen Theater- und ersten Filmerfahrungen in England
und einem Fehlstart in Hollywood zog es sie zurück nach Europa.
Von 1960 bis 1966 wirkte sie in allein 9 italienischen Low Budget-Produktionen
mit - leider bekam sie nur in einem Bruchteil dieser Filme die Gelegenheit,
sich selbst zu synchronisieren; auch in der englischsprachigen Fassung
von La maschera... ist nicht ihre Stimme zu hören. Sie äußerte
sich im Nachhinein oft kritisch über ihre Horrorfilme, bemängelte,
daß diese zu sehr die Filme von Regisseuren als von Schauspielern
seien, daß dramatische Momente Vorrang vor einer ausgeprägten
psychologischen Gestaltung der Charaktere hätten. Jedoch fand Steele,
die in ihrer optischen Erscheinung alles andere als das "frische"
und "natürliche" Frauenbild des filmischen Realismus
verkörperte, sich gerade hier in einem Umfeld wieder, das ihr -
trotz des damit einhergehenden Typecastings als dominanter dunkler Racheengel
- die Möglichkeit gab, ihren eigenen Schauspielstil zu entwickeln.
Die Schwachpunkte und Dialogmängel, die sie in ihren Rollen sah,
das frustrierende Wissen darum, daß es oft genug eine fremde Stimme
war, die in den fertigen Filmen ihren Dialog sprach, kompensierte sie,
indem sie einen extrem mimischen, expressiv-divaesken Stil der Darstellung
entwickelte. Es gelang ihr - ganz in der Tradition der klassischen Vamps
- jeder ihrer Gesten eine tiefere Bedeutung zu verleihen, ihren Körper
als perfekt arrangiertes Objekt in die Bilder einzufügen und eine
Szene allein durch ihre charismatische Präsenz zu dominieren. Sie
wurde für ihre Verehrergemeinde "La Steele", eine nokturne
Diva, tödlich verheißungsvolle Femme Fatale alptraumhafter
Zelluloidwelten, und ihr seltsam-schönes Gesicht - von Bavas Kamera
in La maschera... oft genug in abstrahierenden Close-Ups abgelichtet,
in denen ihre Züge fast wie eine surreale Landschaft erschienen
- bekam nahezu Symbolcharakter, wurde zu einem Fetisch des Phantastischen
Kinos. Sie stand u. a. unter der Regie von Roger Corman (The Pit
and the Pendulum, 1961), David Cronenberg (They came from within,
1975) und Jonathan Demme (Caged Heat, 1974) vor der Kamera, doch
der eigentliche Höhepunkt ihrer Laufbahn blieb für sie immer
ihre Arbeit mit Federico Fellini, der für sie "this great
magician" war und in dessen Filmen La dolce vita und
8 1/2 sie 1963 mitwirkte. Die enthusiastische Verehrung ihrer
Horrorfilme konnte sie jedoch nur eingeschränkt nachvollziehen:
"It's not me they're seeing. They're casting some projection
of themselves, some aspect that I somehow symbolise. It can't possibly
be me."
Daten zum Film:
LA MASCHERA DEL DEMONIO (weitere Titel: LE MASQUE DU DÉMON, DIE STUNDE
WENN DRACULA KOMMT, MASK OF SATAN, BLACK SUNDAY)
Italien/Frankreich 1960, schwarzweiß
Regie: Mario Bava
Buch: Mario Bava, Ennio de Concini, Marcello Coscia, Mario Serandrei (basierend
auf Nikolai Gogols Erzählung "Der Wij")
Kamera: Mario Bava
Kameraführung: Ubaldo Terzano
Musik: Roberto Nicolosi (US-Version: Les Baxter)
Schnitt: Mario Serandrei
Darsteller: Barbara Steele (Asa/Katja), John Richardson (Andrej Gorobek), Andrea
Checchi (Choma Kruvajan), Arturo Dominici (Javutich), Ivo Garrani (Prinz Vajda),
Enrico Olivieri (Konstantin)
Externe Links:
B-Movies: Sehr
schönes Bildmaterial + Inhaltsangabe
Sense of View: Review
(deutsch)
The
Mario Bava Web Page: English review by Troy Howarth
Trailer:
The
New York Times: Trailer (Real + Windows Media)
Veröffentlichungen:
DVD:
- BLACK SUNDAY, Image Entertainment (USA) - diese Fassung ist gekürzt!
- DIE STUNDE WENN DRACULA KOMMT, e-m-s (Deutschland)
- LE MASQUE DU DÉMON, Films sans frontieres (Frankreich) - diese Fassung
ist gekürzt!
- LA MASCHERA DEL DEMONIO, RHV (Italien)
VHS:
- BLACK SUNDAY, Video Collector's Edition (UK) - diese Fassung ist gekürzt!
- MASK OF SATAN, Redemption Films (UK), nicht mehr erhältlich - diese Fassung
ist gekürzt!
- LA MASCHERA DEL DEMONIO, Collezione Rosso Sangue (Italien)