VOODOOTROMMELN IM KERKER DES FLEISCHES
Jacques Tourneurs "I Walked With A Zombie"

I WALKED WITH A ZOMBIEEine junge amerikanische Krankenschwester nimmt eine mysteriöse Stellung auf der Insel St. Sebastian an. Schon während der Überfahrt präsentiert sich ihr neuer Arbeitgeber als zugleich anziehender und dennoch verderbter Charakter. Sie wird eine wunderschöne Frau vorfinden, die sie pflegen soll - empfindungs- und willenlos, ein "Zombie". Allmählich kommt sie hinter die Geheimnisse der düsteren Familie, lernt Voodoo-Künste, merkwürdige Sitten und sinnlose, zum Scheitern verurteilte Liebe kennen ...

I WALKED WITH A ZOMBIE aus dem Jahre 1942 zählt sogar hierzulande zu den besser bekannten Werken der vierziger Jahre. Es ist sogar behauptet worden, daß er Val Lewtons Meisterwerk sei. Lewton, seines Zeichens Schriftsteller, Drehbuchautor und Produzent bei den RKO Radio Pictures, hat in den Vierzigern eine Reihe sehr subtiler, auf krasse Effekte und tumbe Monstren verzichtende Filme gedreht. CAT PEOPLE, THE BODY SNATCHER, "Bedlam" und THE LEOPARD MAN zählen dazu. Er wurde stark von Orson Welles beeinflußt.
Bei I WALKED WITH A ZOMBIE führte Jacques Tourneur Regie. Dieser Film gilt neben WHITE ZOMBIE als der schönste Zombiefilm des klassischen Horrorkinos. Unverkennbar ist Tourneurs visueller, ornamentaler Stil. Seine Arbeit zeichnet sich durch eine besondere Bildsprache, Einfallsreichtum und scharfe Kontraste aus. Selbst später, im Farbfilm, sind seine Mittel noch unverkennbar die gleichen. Manchmal dominiert in diesen Filmen die barocke Bildsprache und die schön gewählte Kulisse über Bedeutungsinhalt oder Handlung des Filmgeschehens. Die Bilder, die man geboten bekommt, sind dann auch von überwältigender Schönheit.
In seinen Filmen gab es auch etwas Neues, von dem noch heutzutage fast jeder Horrorfilm profitiert: den sogenannten "Bus-Effekt". Er entsteht, wenn etwas an sich Ungefährliches schockierend und oft von einem lauten Geräusch begleitet in den Bildquader einbricht. Der Zuschauer erschrickt, ärgert sich aber im nächsten Augenblick darüber, da ja keine "reelle" Gefahr für den Helden bestand. Der Effekt hat den Namen von der Szene, in der er zum ersten Mal eingesetzt wurde: in CAT PEOPLE fährt mit lautem Zischen ein Bus seitlich ins Bild.

Im Vergleich zu den klassischen Monsterdramen der Dreißiger Jahre wurde der Horrorfilm in den Vierzigern "erwachsener". Handlung, Symbolik und Aufbau der Figuren waren komplexer, vielschichtiger, wirkten nicht mehr so kindlich. Die Kriegsjahre taten das übrige dazu, das Publikum zu desillusionieren und erwachsener werden zu lassen. Die Dinge konnten offener angesprochen werden, eine so metaphorische Maskierung wie die der klassischen Gruselmonster war nicht mehr nötig. Dennoch, diesem Trend zuwiderlaufend, versuchten die Universal-Studios in unverbesserlicher Manier nach wie vor, allen Saft aus ihren alten Stars zu pressen und Sequel um schlechter werdendes Sequel zu "Frankenstein, Dracula und Mumie" zu drehen.
In den kleineren Studios besann man sich auf anderes. RKO Radio Pictures war immer zweite Garnitur hinter den ganz Großen, aber solche soliden Erfolge wie KING KONG und THE MOST DANGEROUS GAME rieten auch hier zu weiterer Beschäftigung mit der unheimlichen Materie. Im Gegensatz zu Universal hat man sich jedoch auf den schleichenden Horror ohne plakative Monstren entschieden.
Das Publikum der Vierziger Jahre hatte Phantasievolles bitter nötig, nach der Depression kam der Krieg, und so wurden die Kinos nach wie vor eifrig frequentiert, um wenigstens für ein paar Stunden die Wirklichkeit zu vergessen. Lewton/Tourneur spielten bewußt mit der im Alltag durch manch Mängel trainierten Fähigkeit des Publikums, Phantasie einzusetzen und sich etwas vorzustellen, wo nichts Direktes gezeigt wurde. Von dieser subtilen Art lebten ihre Filme, in denen das menschliche Drama stets im Mittelpunkt stand. Deshalb erinnern uns heute diese Horrorfilme manchmal eher an Krimis der Schwarzen Serie als an das klassische Gruseldrama.
Die Figuren dieser Filme waren keine kompletten, kraftstrotzenden Sinnbilder für körperliche und geistige Gesundheit mehr. Sie wurden menschlicher, verwundbar und verwundet. In I WALKED WITH A ZOMBIE gibt es Katatonie und Alkoholismus, beim BODY SNATCHER ein gelähmtes Mädchen, und in ISLE OF THE DEAD Katatonie mit konsequent auch tatsächlich stattfindendem vorzeitigem Begräbnis - ein Thema, das Roger Corman mit THE PREMATURIAL BURIAL Jahre später wieder aufgreifen sollte.

I WALKED WITH A ZOMBIEDie Reise der unschuldigen jungen Krankenschwester Betsy zu ihr unbekannten fremdartigen Kulturen ist für sie natürlich auch eine Reise ins eigene Selbst und somit mit Unheil behaftet. Da die meisten Horrorfilme eine konservative Aussage haben, warnt auch dieser - vor Übertretung der Regeln, vor dem Pflücken der Frucht der Erkenntnis, vor dem Verlust der Angst vor dem Dunkel.
Die Angst vor dem Dunkel ist im übrigen eines der sich stets wiederholenden Hauptthemen Lewton/Tourneurs.
Betsy wird in nacheinander abblätternden Schichten scheinbarer Realität erfahren, daß die Dinge oft etwas ganz anderes sind als sie zu sein scheinen. Ihr sinistrer und dennoch anziehender Arbeitgeber, der Plantagenbesitzer Tom Holland, präsentiert sich ihr zuerst zynisch und negativ. Eine frühe Schlüsselszene des Filmes ist die Überfahrt auf dem Schiff, während derer Betsy das Funkeln der Sterne auf dem Wasser bewundert. Holland antwortet ihr: "It takes its gleam from millions of tiny dead bodies. It's the glitter of putrescence." Sie wird von ihm den Eindruck eines verbitterten Mannes gewinnen, dem es Freude macht, andere zu quälen - er selbst sieht sich so. Doch im Laufe des Films wird ihr bewußt werden, daß dies nur ein oberflächlicher Eindruck von ihm ist. In der nächsten Schicht der Wirklichkeit erweist er sich als sehr viel liebenswürdiger und verletzlicher, und so kommt es, wie es kommen muß: Betsy verliebt sich in ihn.
Das Landgut, in welches ihre Reise sie führt, wirkt von außen großzügig und feudal. Im Innern jedoch herrscht eine seltsame Atmosphäre des Zerfalls, die Jalousien sind ständig geschlossen, und der draußen so verschwenderisch glühende Sonnenschein fällt nur in dünnen Streifen durch die Blenden ins Innere. Auch hier hat die Schönheit ihre Unschuld verloren, ebenso wie die glitzernde Meeresoberfläche. Das Haus ist von innen genauso düster, wie seine Bewohner es sind: Tom Holland, sein trinkender jüngerer Bruder Wesley Rand, und schließlich die geheimnisvolle "weiße Frau" Jessica in ihrem Dornröschenturm. Sie haben Angst vor dem Licht, davor, die Blenden zu öffnen und ihre lang gehüteten Geheimnisse preiszugeben. Betsys Reise ist also auch eine Reise in das Dunkel - das sie, obwohl sie es abstreitet, doch fürchtet.
I WALKED WITH A ZOMBIE ist als Voodooversion von Jane Eyre bezeichnet worden. Gemeinsamkeiten bestehen, und das junge Mädchen muß auch hier Entdeckungen machen, die es seine Kindlichkeit und auch den Glauben an das Gute teils einbüßen lassen. Sie wird überleben, am Schluß aber resignierter und desillusionierter aus dem Erlebten hervorgehen.
Betsys Aufenthalt in dem Landgut der Hollands enthält eine nicht abreißende Kette von Warnungen: Der Aufstieg aus dem Dunkel in den verbotenen Bereich des Wissens ist die erste davon. Nachts durch lautes Weinen aufgestört, geht Betsy hinaus und betritt den Steinturm, in dem Hollands gelähmte Frau lebt. In beängstigendem Dunkel steigt sie die schmalen Stufen hinauf, bis sie plötzlich der bedrohlich-kalten, maschinenähnlich starr agierenden Kranken gegenübersteht. Die Szene endet mit Betsys Schrei und ihrer Flucht nach draußen - sie hat den verbotenen Bezirk nicht betreten.
Ihr Schrecken wird sich noch vertiefen, wenn Mr. Holland ihr zu verstehen gibt, sie solle nicht den Fehler machen und sich selbst als zu hübsch betrachten. Eitelkeit - der Blick in den Spiegel und die damit einhergehende Selbsterkenntnis seiner Ehefrau - waren der Anlaß für ihren Sturz in die ewige Katatonie. Sie hat verbotenerweise von der Frucht der Erkenntnis gegessen, sich damit in männliche Domäne vorgewagt und den Grundstock für das Überschreiten der Regeln - hier den Ehebruch - gelegt. Wäre sie sich ihrer eigenen Schönheit nicht bewußt (somit unschuldig) gewesen, hätte das nicht geschehen können. Auch hier wiederholt sich überdeutlich das Motiv der Schönheit, die ihre Unschuld verloren hat.
In einer sehr wichtigen und wunderbar realisierten Szene tritt Betsy ein Warner eindringlich direkt gegenüber. Vor dem Cafe, wo sie mit Rand sitzt, spielt ein Straßensänger ein Calypso-Lied. Je näher er kommt und je lauter der Gesang wird, desto mehr richtet sich Betsys Aufmerksamkeit auf ihn. Durch geschickte Einstellungen und die langsam anschwellende Lautstärke wird unsere Aufmerksamkeit ebenfalls unabwendbar auf das Lied gezogen. Wir erschrecken nicht weniger als Betsy, als wir den Text verstehen.
Der Straßenmusikant (Sir Lancelot, ein zu jener Zeit beliebter Calypso-Interpret) singt eine Ballade von einer weißen Frau in einem Turm, der Schande der Holland-Familie, Untreue und davon, was geschieht, wenn die junge hübsche Krankenschwester zu den zwei einsamen Brüdern kommt...
Solcherart gewarnt, kann Betsy natürlich nicht mehr mit der gleichen Unbefangenheit in das Haus zurückgehen wie zuvor. Sie ist hellhörig und fast schon hellsichtig geworden. Im Garten sieht sie die von Pfeilen durchbohrte Figur des heiligen Sebastian, ein Sinnbild für das Schicksal von Jessica Holland, die - ebenfalls ewiges Opfer - von den Pfeilen der Eifersucht durchbohrt wurde. Der nächtliche Garten beinhaltet manches schlüpfrige und krauchende Nachtgetier, das (ganz ähnlich wie die Kröten in THE NIGHT OF THE HUNTER) als Symbol für die nächtliche Seite der Seele und Sexualitätssymbol gesehen werden kann.
Trotz ihres geäußerten Skeptizismus, nicht an das Übernatürliche zu glauben, wählt Betsy schließlich als letzte Lösung den Weg durch das Dunkel in den Bereich des Mystischen: Wenn der Aufstieg in den Bereich der Erkenntnis verboten ist, bleibt noch der Ausweg in den Aberglauben. Die scheintote Ehefrau spricht nicht auf die Behandlung der Ärzte an.
Aber Betsy muß sie wieder zum Leben erwecken und ihrem Gatten zurückgeben, den sie liebt - scheinbar selbstlos, um ihm einen Gefallen zu tun. In Wirklichkeit jedoch ahnen wir bereits, daß sie ihrerseits Angst vor den Konsequenzen ihrer Verliebtheit hat. Ihre Angst vor dem Dunkel ist ebenfalls die Angst vor dem Körperlichen.
Was folgen wird, ist die zu Recht berühmteste Szene des Films: einer der typischen "Walks" Tourneurs, eine mystische und beängstigende Reise durch die nächtlichen Zuckerrohrfelder zum Voodoo-Houmfort.
The WalkDen "Walk" hat es schon vorher gegeben, aber er war niemals so stilisiert und perfekt abgelichtet worden. In diesen Szenen ist gänzlich auf untermalende Musik verzichtet worden. Wir hören nur die nächtlichen Geräusche der Felder, das Streifen und Brechen des Zuckerrohrs, den Ruf einer Eule. Die Stille erzeugt eine fast unerträgliche Spannung. Plötzlich dringen seltsame Orgeltöne an unser Ohr: ein durchlöcherter Kürbis, der in einem Baum hängt, fängt die Töne des Windes ein. Diese Szene ist effektvoll realisiert worden: der Zuschauer ist sehr erstaunt, als er bemerkt, daß Betsy die Orgeltöne auch hört, die er zunächst für Filmmusik gehalten hat.
Eine äußerst unheimliche und beunruhigende Szenerie umgibt die beiden Frauen: Schädel, Opfertiere, eine Ziege hängen in den Bäumen. Betsy zieht an der Hand die willenlose Jessica hinter sich her, die sie im Falle einer Gefahr mehr behindern als ihr helfen könnte. An einem Zweig bleibt das Abzeichen, das die schwarze Dienerin ihr gab und ihre "Eintrittskarte" in den Houmfort sein soll, an einem Zweig hängen. Die Aufmerksamkeit, die diesem Zwischenfall von Seiten der Regie durch eine extreme Nahaufnahme gewidmet wird, läßt den Zuschauer an etwas Schreckliches als Konsequenz denken. Und tatsächlich ist am Anfang vor dem "Walk" schon eine beunruhigende schwarze Silhouette nur als Umriß vor dem Himmel gezeigt worden - eine Vorahnung darauf, was als Konsequenz des Verlustes drohen könnte. Leider muß man sagen, daß hier Tourneurs bildhafte Visualität der Szene eine Überbedeutung verliehen hat, durch die der Zuschauer sich betrogen fühlt - der baumlange Zombie-Wächter des Kreuzwegs (das einzige echte "Monster" des Films und sein bekanntestes Ingredientum) tut nichts, sondern läßt Betsy und Jessica reglos vorbeiziehen.
An der Figur des Zombies Carrefour ist beispielhaft gelungene Make-up-Arbeit geleistet worden. Ich habe selten einen schockierenderen unerwarteten Anblick in einem Horrorfilm gesehen als den des toten, ebenholzfarbenen Gesichtes mit den weiß geronnenen Augäpfeln. Ob leider oder zum Glück, diese Gestalt ist im weiteren Verlauf des Films nicht weiter ausgebaut worden. Am Schluß dringt der Zombie zwar in das Anwesen der Hollands ein, aber die Effekte seines Auftauchens können nicht mit der Intensität des ersten Anblicks im Zuckerrohrfeld mithalten.
Die Reise ins Unbekannte endet in dem Houmfort, dem Voodootempel der schwarzen Inselbewohner. Hierher hat das die zweite Filmhälfte dominierende, entnervende und unheilvolle Trommeln die beiden Frauen geführt. Betsy tritt mutig in den Kreis der Voodooanhänger, um den Gott Damballah ebenso wie die anderen zu befragen und ihn zu bitten, Mrs. Holland gesund zu machen. An dieser Stelle erfolgen Klimax und größte Enttäuschung des Films. Betsy wird in das Innere der Hütte gezogen, aber nicht, weil man ihr etwas antun wollte. Dahinter wartet Mrs. Rand, die alte Mutter der Hollands und Ärztin der Insel. Sie hat den ganzen Voodoozauber veranstaltet, weil die Insulaner sich anders nicht von ihr helfen lassen würden. Wir erfahren, daß Mrs. Rand auch für Jessicas Zustand verantwortlich ist. Als sie erkannte, daß die Ehefrau ihres älteren Sohnes ein Verhältnis mit dem jüngeren hatte, gab sie ihr den bewußtseinszerstörenden Trank und verursachte somit die Katatonie. Wiederum stellt es sich heraus, daß die Dinge anders sind, als man erwartet hat.
Die plötzliche Bereitschaft Betsys, ihren Skeptizismus vor dem Übernatürlichen abzulegen und den abergläubischen Gang zum Houmfort zu unternehmen, sich somit der Magie anzuvertrauen, endet in der Enthüllung der tatsächlichen, ganz profanen Ursachen. Man könnte dies gewissen Seelenzuständen gleichsetzen, in denen Menschen in großer persönlicher Not anfangen zu beten, nur um später festzustellen, daß da doch kein lieber Gott war, der ihnen helfen konnte. Die profane Enthüllung der nackten Realität ist oftmals sehr viel schmerzhafter, da etwas in uns zerstört wird, das immer noch an das Mystische glauben möchte - vielleicht ein Überbleibsel des Animismus unserer Vorfahren.
Dennoch löst der Film nicht alle Geheimnisse gleichermaßen auf, denn weder die Figur des Carrefour noch die Wirkung des Voodoo-Rituals am Schluß wird erläutert, in dem der Hexendoktor durch eine am Strang gezogene Puppe Jessica herbeilockt. Die Scheintote wird von einem Dolch durchbohrt, da sie in dieCarrefour Gefilde der Toten gehört. Der unglücklich in sie verliebte jüngere Bruder trägt sie in die schäumende Brandung - ein romantisches Ende, wie es einem Film aus dieser Zeit gebührt.
Auch wenn Betsy nun doch noch zu einer gewissen Erkenntnis gelangt ist, konnte sie es im Verlauf des ganzen Filmes vermeiden, ihre eigene Unschuld und Mädchenhaftigkeit abzulegen. Weder mußte sie in die Domäne der Männer eindringen - ihr Beruf als Krankenschwester ist zwar ehrenvoll und verantwortungsbewußt, aber doch ein typischer Frauenberuf. Sie hat (noch) nicht den Turm der Weisheit erklommen.
In den Lewton-Filmen gibt es zwei Frauentypen: Opfer und Siegerinnen. Die Opfer sind tragische Heldinnen, in einer Falle gefangen und oftmals mit einem Gefühl der Schuld für die Übertretung ihrer Rolle behaftet. Die Siegerinnen werden personifziert durch tüchtige, verantwortungsvolle Frauen, die sich jedoch keine unrechten Privilegien anmaßen. Betsy ist eine typische Vertreterin dieser "Siegerinnen". Dennoch birgt ihr Überleben der Geschehnisse auch einen Wermutstropfen in sich, denn ihre Liebe zu Tom Holland wird eine unerfüllte bleiben, die nie zur Realisierung gelangt. Auch hier, wie in so vielen anderen Fällen, rät der Horrorfilm zur Verdrängung als Lösung für den Konflikt mit den Trieben.

Insgesamt bestehen nur 14 Minuten Filmmusik bei I WALKED WITH A ZOMBIE. Sie wurde komponiert von Roy Webb, dem Hof-Kompositeur der RKO Radio Pictures (anfangs Assistent und Schüler Max Steiners, der für die großartig orchestral-dramatische Vertonung von KING KONG verantwortlich war).
Ein paar an Figuren oder Szenen gebundene, sich in Variationen wiederholende Themen kehren in verschiedenen Szenen des Films wieder. Da ist beispielsweise das "Jessica-Thema", eine sanfte, romantische Melodie mit Streichern und Harfen, die der Figur eine emotionale Wirkung auf den Zuschauer verleiht, die sie ansonsten aufgrund ihrer tatenlosen Starre nicht erzeugen könnte. Die sanften Melodien mancher Szenen werden von den Voodootrommeln erstickt, sobald das Unheil wieder die Überhand über die Figuren gewinnt. Die zweite Hälfte des Films wird von dem ununterbrochenen, unheilvollen Trommeln dominiert. Es erzeugt eine mesmerisierende Wirkung, bedrohlich monoton wie der eigene Herzschlag. Es erinnert an das Geheimnis des unbewußt arbeitenden, von Willensanstrengungen nicht beeinflußbaren Fleisches, in dem wir alle gefangen sind und das gewiß jedem von uns schon einmal in stillen Augenblicken ein Gefühl von Unabwendbarkeit und Gefangenschaft vermittelt hat. Die Seele ist in dem Kerker aus Fleisch gefangen, der sie in das unvermeidliche Schicksal reißt, so wie der Film die Krankenschwester in ihr Schicksal reißt.

© M. Angerhuber (1996)
I WALKED WITH A ZOMBIE (dt. Verleihtitel: ICH FOLGTE EINEM ZOMBIE)
USA 1942, schwarzweiß, 69 Minuten
Produktion: RKO, Val Lewton
Regie: Jacques Tourneur
Buch: Curt Siodmak/Ardel Wray
Musik: Roy Webb
Darsteller: James Ellison (Tom Holland), Frances Dee (Betsy), Tom Conway (Wesley Rand), Christine Gordon (Jessica Holland), Sir Lancelot (Sänger), Darby Jones (Zombie)

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