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in der ausgedehnten Stille dieser Landschaft ist nichts geregelt oder sicher,
nicht einmal das Abbild der Unendlichkeit, das von den Sternen und der Schwärze
präsentiert wird, die sich unermeßlich über allem auszubreiten
scheinen. Denn unten, so würde man schwören, erstreckt sich eine weitere
Schwärze, ein endloses ebenholzfarbenes Plateau, dessen Oberfläche poliertem
Stein gleicht. Dorthin, so würde es scheinen, hatte der Himmel Sterne geschleudert
und sie in die glänzende Finsternis der unteren Welt eingefügt, so daß
er von fern diese glitzernden Überbleibsel betrachten konnte, schimmernde
Verstoßene aus seinem uralten Schatz, die brillantenen Trümmer seiner
Träume.
Darum sieht man zugleich oben und unten das Flackern dieser leuchtenden Splitter,
zitternde Himmelskörper, gefangen im ungebrochenen Netz der Schwärze.
Und dieses abgründige Netz selbst scheint zu beben; denn nichts Friedliches
oder Sicheres liegt in seiner Natur. Selbst die Leere, die das Sternenlicht von
seiner Spiegelung auf der großen glasigen Ebene trennt, ist nur eine Imitation.
Denn als er das ebene Land zu seinem Spiegel machte, hat der Himmel zu lang und
zu tief hineingeblickt, sich in sich selbst ausgedehnt und seine eigenen Visionen
umarmt und die Distanz zwischen dem Ding und seinem Trugbild ausgefüllt.
Jeder Raum ist virtuell; das Unendliche ist illusorisch. Dort, in jener Landschaft,
ist eine Dimension gestorben, hat die Tiefe ausgelöscht und nur ein strahlendes
Abbild zurückgelassen, das lang und breit auf der unendlichen Oberfläche
eines schwarzen Ozeans treibt.
Und es heißt, daß dieser Ozean selbst nur ein sternenbesätes
Wahngebilde ist, das man in gewissen Augen erblicken kann … Augen, die man vielleicht
beim Durchstreifen der Straßen von seltsamen Städten sieht … Augen,
die zwei Sternen gleichen, die tief in einem schwarzen Spiegel liegen.
© Thomas Ligotti
Übersetzung: Monika Angerhuber, 2000
mit freundlicher Genehmigung des Autors
Illustration: © Rainer Schorm, 2001
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